Zehn Jahre Tafelladen in Stockach

Südkurier Stockach 16.03.2017 Simone Ise
Jeden Mittwoch und Donnerstag fährt ein Kühlauto verschiedene Discounter, Supermärkte und Einzelhandelsgeschäfte in der Region an, sammelt Lebensmittel ein und bringt diese in den Tafelladen nach Stockach. Lebensmittel, die im Handel nicht mehr verkauft werden dürfen, da sie beispielsweise das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten haben, aber dennoch einwandfrei sind.
Diese Lebensmittel können im Tafelladen in Stockach für ein geringes Entgelt gekauft werden – von Menschen, die bedürftig sind. Der Tafelladen bildet somit eine Brücke zwischen Überfluss und Armut und hilft seit mittlerweile zehn Jahren Menschen in Stockach, eine schwierige Zeit zu überbrücken.
Seit zehn Jahren kommt auch Renate Ibbeken in den Tafelladen. Sie ist von Anfang an dabei, hat die Räume in der Aachbachstraße 22a in Stockach selbst mit renoviert. Als sie damals in der Zeitung von der Gründung des Tafelladens in Stockach gelesen habe, habe sie sofort Interesse angemeldet: "Ich wollte damals einfach etwas für Menschen in Not tun, und das ist heute noch genauso.
" Von Anfang an hat Renate Ibekken die Leitung des Tafelladens übernommen, ehrenamtlich versteht sich. Ehrenamtlich arbeiten auch die Helfer, damals noch 21, heute 17. Vom Team der ersten Stunde sind auch noch Anita Griehl, Gisela Riegel und Regine Keller aktiv.
Jeden Mittwoch und Donnerstag, nachdem der Fahrer die Lebensmittel im Tafelladen in Stockach abgegeben hat, packen etwa neun Mitarbeiter die Waren aus und sortieren sie in die Regale des Ladens. Währenddessen bilden sich vor der Eingangstüre Schlangen. Renate Ibbeken hat in den zehn Jahren ihren Blick geschult, weiß sehr schnell, wie viele Lebensmittel verteilt werden können.
"Wenn wir beispielsweise nur eine Kiste Orangen bekommen, kann nicht ein Kunde so viele kaufen, wie er möchte", erklärt sie die Regeln des Tafelladens. Die Lebensmittel werden gerecht verteilt. "Das haben die Menschen, die bei uns einkaufen, erst lernen müssen", sagt die Tafelleiterin. Größtes Hindernis sei dabei die Sprachbarriere.
Seit den Flüchtlingsströmen hat sich auch die Klientel im Tafelladen verändert. Von den 60 bis 75 Menschen, die jeden Mittwoch und Donnerstag kommen, sind 80 Prozent Flüchtlinge. "Als wir angefangen haben vor zehn Jahren, kamen hauptsächlich alleinerziehende Mütter, Rentner und Arbeitslose", berichtet Renate Ibbeken. Ein Großteil von ihnen sei nun einfach weggeblieben. "Wir sind jetzt eine
andere Tafel geworden", ist sich Ibbeken bewusst.
Sie freut sich sehr darüber, dass auch Privatpersonen Lebensmittel spenden. Diese würden vorbei kommen und beispielsweise Gemüse aus dem eigenen Garten oder selbstgemachte Marmeladen abgeben. Hervorheben möchte sie auch, dass in den vergangenen zehn Jahren kein Geschäft, das Lebensmittel spendet, abgesprungen sei. Und was am Donnerstag übrig bleibt, wird in den
Tafelladen nach Singen gebracht. "Wir schmeißen nichts weg", sagt Ibbeken. Der Tafelladen finanziert sich selbst aus Spenden und Einnahmen. Die Lebensmittel kosten etwa ein Drittel von dem, was sie im Discounter kosten.